Einsichten eines Linken – Jan van Aken

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Geplantes Karriereende im Bundestag

Jan van Aken sitzt als außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag und er ist anerkannter Experte für Rüstungsfragen. Er tut dies seit 2009 und zwar genau noch bis 2017 unabhängig davon wie der Wähler entscheidet. Denn er scheidet aus freien Stücken aus,- ein Novum im über 600 Parlamentarier umfassenden Deutschen Bundestag und allein deshalb schon beachtenswert. Und er hat Gründe dafür,- gute Gründe wie er meint und wie auch ich meine. Sie sind im Privaten wie im Beruflichen zu suchen. Privates soll privat bleiben. Deshalb will ich das gar nicht weiter vertiefen. Dennoch ist sicher für jeden nachvollziehbar, dass es für jeden Abgeordneten belastend ist, ständig in der Öffentlichkeit zu stehen, 24 h rund um die Uhr im Dienst zu sein und stets gegenwärtig sein zu müssen, auch über das Familäre Auskunft geben zu müssen und seine Privatsphäre gegen die allzu neugierige Journalie verteidigen zu müssen. Sicher ist das eine kurze Zeit lang aufregend, öfter im Mittelpunkt zu stehen, doch auf die Dauer kann ich mir die Belastung für die Abgeordneten und deren Familien schon vorstellen. Auch vom 8-Stundentag kann man als Abgeordneter wohl eher nicht ausgehen.

Der Leidensweg des Abgeordneten

Dass Herr van Aken mit seiner Einstellung eine Ausnahme ist, muss unter diesen Umständen erstaunen. Dennoch halten es einige Abgeordnete Jahrzehnte im Parlament aus und sieht die Masse der Politiker Ihr Mandat im Bundestag als Krönung Ihrer Karriere an. Zu Beginn Ihres Mandats starten die meisten Politiker sicher mit hehren Zielen, angespornt vom Wahlerfolg möchten sie die  Wahlkampfversprechen in die Tat umsetzen, Ihre Klientel zufrieden stellen und sich selbst  bestätigt sehen. Manchmal und für gewisse Zeit funktioniert das sicher auch. Doch wie in der Ehe ist es schwierig, dem Alltag Paroli zu bieten, immer wieder gegen Widerstände anzugehen, sich einzubringen mit der ganzen Persönlichkeit,  gegen Betonköpfe und Bürokratie jeden Tag mit neuem Mut anzugehen, Niederlagen zu verkraften und Enttäuschungen auch durch die vermeintlichen Parteifreunde hinzunehmen. Abnutzung setzt ein, der Elan der erstem Tage, Monate und Jahre verfliegt, Ideale gehen verloren und werden durch Routine ersetzt.

Und dann wirken die Begleitumstände einer Abgeordnetentätigkeit immer stärker. Man ist finanziell excellent abgesichert. Die normalen Sorgen eines Normalbürgers werden nicht mehr wahrgenommen. Statt seine Wähler zu vertreten, rücken die Interessen der Partei in den Vordergrund. Das Netzwerk muss gestärkt werden, Konnektions werden aufgebaut und gepflegt, die eigene Wiederwahl rückt in das Zentrum des Interesses. Schließlich sollen auch in der nächsten Wahlperiode die Diäten reichlich fließen, den Wohlstand und die Zukunft der Familie sichern.

Und so endet jeder Revolutionär  irgendwann als Adlatus der Parteioberen oder wird selbst einer davon. Sie verlieren den Kontakt zum wahren Leben und den darin vorkommenden Menschen. Und diese Menschen im realen Leben verlieren das Verständnis für die Abgeordneten und ihr Handeln. Politikverdrossenheit ist das Ergebnis. Man hat genug voneinander,- die Politiker vom Volk und das Volk von den Politikern.

Es gibt Alternativen

Dieser Entwicklung, deren Beginn Herr van Aken zu spüren begann, sollte Einhalt geboten werden und der Weg dieses Abgeordneten ist eine der Möglichkeiten dazu. Ein weiterer gangbarer  Weg wäre, die Attraktivität dieses Berufes (eigentlich sollte es ja eine Berufung sein) zu minimieren, um die Karrieristen fern zu halten, wäre die Absenkung des Finanzstatus der Abgeordneten. Diäten, die sich am durchschnittlichen Gehaltsniveau der Bevölkerung orientieren. Keine Sonderprivilegien, keine separate großzügige Rentenversorgung. Wer einen Anspruch auf einen Dienstwagen hat, der fährt einen Mittelklassewagen wie jeder andere Bürger und keine PS-Boliden der Luxusklasse. Wer einen Dienstwagen hat, braucht keinen kostenlosen Fahrausweis der Bundesbahn und der Nahverkehrsbetriebe. Die Kosten für das Abgeordnetenbüro werden nicht pauschal erstattet, sondern sind durch Rechnungen zu belegen. Mal abgesehen vom Abschreckungseffekt, könnte der Steuerzahler viel Geld sparen und der Normalbürger würde es als gerecht empfinden. Volksnähe wäre kein Traum mehr.

Parteikarrieren und Parteienfinanzierung- Wurzel allen Übels

Es gibt jedoch noch mehr zu bedenken. Diejenigen, die es ins Parlament geschafft habe, wurden bereits durch die Mühlen der Parteien gedreht, haben gelernt, die richtigen Leute zu hofieren, haben Ihren Platz in der Parteihierachie gefunden und einflußreiche Gönner auf Ihrer Seite,- kurz, Sie beherrschen das Spiel der Macht. Und das ist letztlich das Gift, das die Masse der Angeordneten an Ihren Sesseln kleben läßt. Die Illusionen haben Sie schnell verloren, doch das Gefühl der Macht möchten Sie nicht missen. Ein weiterer Grund, rechtzeitig aus dem Parlament auszuscheiden, denn Macht korrumpiert. Und dieser Prozeß setzt bereits in den Parteien ein. Und auch Geld spielt auf dieser Ebene eine Rolle. Dank der großzügigen Parteienfinanzierung in Deutschland sind schon mittlere Posten in der Parteienhierachie finanziell attraktiv und für Karrieristen erstrebenswert. Deshalb sollte hier der nächste Hebel angesetzt werden. Weg mit der Parteienfinanzierung. Die Mitgliedsbeiträge allein sollten Basis der Parteienfinanzierung sein. Das garantiert innerparteiliche Demokratie. Schon werden die Karrieristen das sinkende Schiff verlassen. Um Parteiämter werden sich nur noch die wirklich Engagierten bewerben und nur die Partei wird genug Geld haben, die die innerparteiliche Demokratie pflegt, den Kontakt zu den Wählern hält und so genügend Mitglieder rekrutieren kann. Auf millionenteure verlogene Werbespots können die Bürger leichten Herzens verzichten und Ihren Abgeordneten sehen sie lieber in Ihrem Kiez direkt ins Gesicht als sein Konterfei an irgendwelchen Laternenmasten zu bewundern. Wahlkampfkostenerstattung, wer braucht das? Solche Zustände soll es ja schon mal gegeben haben. Und es soll sogar Länder geben, da ist der Abgeordnetenjob ein unentgeltliches Ehrenamt. Ein Garten Eden für Demokraten.

Herr van Aken wird sich nach seiner Bundestagskarriere andernorts engagieren. Wünschen wir Ihm Glück.


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