Der Lobbyismus – Geißel deutscher Politik

Autor des Beitragsbildes: Bundesanstalt für politische Bildung

Ein Landrat auf Abwegen

Es ist nicht zu fassen ? Am 17.07.15 wurde es in der Berliner Zeitung veröffentlicht, dass der Landrat des Landkreises Märkisch-Oderland, Herr Gernot Schmidt, erster Vorsitzender eines neuen Lobbyverbandes der Agrarwirtschaft namens „Forum Natur Brandenburg“ geworden ist. Es war eine unkommentierte Mitteilung der dpa und offensichtlich so unwichtig, dass die Berliner Zeitung einen Kommentar offenbar für überflüssig hielt.

Da frage ich mich als Normalo, ist so etwas schon so normal, dass es selbst eine führende Tageszeitung in der Hauptstadt nicht mehr aufregt oder haben die Journalisten einfach resigniert weil sie es ohnehin nicht ändern können. Was ist das nur für eine Gesellschaft, in der kein Skandal ein Echo in der Bevölkerung mehr hervorruft.

Aus praktischer Sicht frage ich mich, ist der Mann als Landrat nicht ausgelastet ? Sind die Probleme im Landkreis so gering oder so uninteressant für Ihn dass er eine solche Funktion, die sicher auch den ganzen Mann erfordert, noch wahrnehmen kann. Egal, was davon zutrifft, es ist etwas faul im Staate Märkich-Oderland.

Aus parteipolitischer Sichr frage ich mich wie die SPD offiziell gegen den Lobbyismus eingestellt sein kann und gleichzeitig einer Ihrer Vorzeigegenossen das Gegenteil praktiziert und vereint, was nicht vereinbar ist. Entweder man vertritt die Interessen seiner Bürger oder die Interessen von Industrie und Agrarwirtschaft.

Und generell frage ich alle Abgeordneten des Bundestages, weshalb sie nicht längst den Einfluß der Lobbyisten eingedämmt haben.
Mehrere tausend dieser Interessenvertreter von Industrie, Agrarwirtschaft und auch der Banken bevölkern die Hauptstadt, genauer gesagt die Ministerien und den Bundestag samt seinen Ausschüssen. Sie nehmen nicht nur Einfluß auf die Entscheidungen der Abgeordneten, sie nehmen auch Einfluß auf die Gesetzgebung, sie schreiben sogar Entwürfe für Gesetzesvorlagen und die Lobbyistenverbände schulen sogar die Mitarbeiter der BAFIN wie kürzlich bekannt wurde. Und sie haben nicht nur Einfluß auf die Ministerialbürokratie, sie sitzen sogar in den Ministerien. Und sie tun es ganz offen. Mehrfach schon konnte man im Fernsehen Multilobbyisten bestaunen, die ganz stolz mit den Visitenkarten Ihrer Zöglinge wedelten. Das Thema ist der Bundes(nicht)regierung inzwischen so peinlich, dass sie sich weigert, eine Liste der Lobbyisten zu veröffentlichen, die Zugangsausweise zum Bundestag besitzen.
Und man hat Erfolg; Abschaffung der Roaminggebühren innerhalb Europas – verschoben auf 2017; Strafgebühren für die Dreckschleudern der Braunkohleindustrie – gestrichen, stattdessen sogar Prämien für Reservekraftwerke; Ampelkennzeichnung für Lebensmittel – blockert bis heute durch die Lobbyisten der Lebensmittelmafia; Beschränkung der Macht der Großbanken nach der Finanzkrise – verhindert durch deren Interessenvertreter. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Erfolge der Vertreter der Bauwirtschaft, der Pharmaindustrie und der Ärzteschaft habe ich noch gar nicht erwähnt.

Wer aber vertritt die Interessen des Volkes ? Ach ja, die Abgeordneten. Und Sie erhalten schließlich ein so hohes Salär, um Ihre Unabhängigkeit zu sichern. Aber Unabhängigkeit ist teuer, offensichtlich zu teuer für unseren Staatshaushalt.

Ich wünsche Ihnen gute Gedanken für den Tag.

 

 


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