Der Wahltermin für die anstehende Bundestagswahl rückt wahnsinnig schnell näher und diese Wahl als Schicksalswahl zu bezeichnen ist die Untertreibung des Jahres. Der Wahlkampf wird vor allem über die Medien also den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Printmedien und die sozialen Netzwerke geführt. Die Rolle des ÖRR besteht bereits seit längerer Zeit in der Verbreitung der politischen Vorstellungen der Altparteien, der Würdigung der Leistungen der Regierenden, dem Verschleiern und Verschweigen von Regierungsaktivitäten und der Diffamierung des politischen Gegners. Durch die durch die Sender praktizierte Zensur der Nachrichten wird dem Publikum eine heule Welt vorgegaukelt, die mit der Wirklichkeit der Menschen nichts zu tun hat.
Für eine realitätsnahe Einschätzung der wirklichen Lage im Land ist daher die Sicherung der Presse- und Meinungsfreiheit essentiell. Beide sind durch die gegenwärtige Regierung gefährdet und werden immer mehr eingeengt. Für die Wähler wichtig zu wissen, ob und welche Medien objektiv und glaubwürdig berichten. Nur so können sie die Glaubwürdigkeit der Wahlversprechen der Parteien beurteilen und die richtige Wahlentscheidung treffen. Nützlich für den Konsumenten ist dabei das Wissen um die Eigentumsverhältnisse bei den bedeutenden Verlagen und Herausgebern auf dem deutschen Zeitungsmarkt.
Zu dieser Problematik hat bereits im Jahr 2010 die Humanistische Union einen sehr ausführlichen und informativen Artikel veröffentlicht. Nachfolgend habe ich einige wichtige Passen aus dem umfangreichen Material für Sie zusammengestellt.
Die Rolle der Medien
Der Journalismus hat einen Haltungsschaden
Auch, zum Beispiel in den USA. „Das renommierte Corps der Hauptstadtkorrespondenten „, resümierte der Pulitzer Preisträger, Russell Baker zum Ende der Ära Bush, habe sich „mit Lügen abspeisen und zur Hilfstruppe einer Clique neokonservativer Verschwörer machen lassen”. Das liegt unter anderem daran, dass die misten Journalisten kaum noch Journalismus machen. Im Sinne von: Rausgehen und recherchieren. Wenn die schiere Zahl der Journalisten Garant für hohe Qualität wäre, spottet der US-Medienökonom Robert Picard, „wäre niemand überrascht worden vom Bankendebakel, dem Zusammenbruch des sowjetischen Blocks, der internationalen Schuldenkrise, der US-Hilfe an Regierungen in Zentralamerika, der Iran-Contra-Affäre, der Kinderarbeit in Entwicklungsländern, dem explosiven Wachstum der chinesischen Wirtschaft oder dem wachsenden nationalen oder internationalen Terrorismus”. Denn die Zahl der Journalisten sei ja seit 1970 stark gewachsen. Das Problem, so Picard: „Die meisten Zeitungsjournalisten kümmern sich um alles außer die wichtigen Nachrichten. Sie verbringen ihre Zeit, um Geschichten über Stars, Essen, Autos und Unterhaltung zu schreiben.” Auch deshalb erscheint Demokratie immer öfter wie ein Ritual, ein inszeniertes Spiel, eine hohle Nummer, ein Placebo. Was eine brandgefährliche Tendenz ist. Weil sie dem Rechtspopulismus die Tür aufreißt. Dessen Trick es ist, der Komplexität einer sich globalisierenden Weit die simple Formel entgegenzubrüllen, Schuld zuzuweisen: Den Fremden, den Muslimen, den Juden, den Linken, den … –jedenfalls immer den anderen. Er schafft Fronten und Feindbilder. Es bündelt die Angst der Menschen und zieht sie an ihr durch die Manege.
Die Rolle des Internets
Ich weiß, es gibt immer noch viele Leute, auch Journalisten, die finden, das Internet sei des Teufels und eigentlich sowieso nur eine interaktive Datenbank für Kinderpornos. Es gibt auch immer noch Snobs, die lieber mit dem Füllfederhalter schreiben. Das sei ihnen gegönnt.
Doch wenn wir über demokratische Öffentlichkeit reden, vor allem über Gegenöffentlichkeit, nimmt das Internet die absolute Schlüsselrolle ein. Es wächst rasant. Es liefert nicht nur Unmengen von Informationen. Es verändert auch die Kommunikation. Sicher: Das Internet ist auch full of shit. Es erhöht das ohnehin lärmende Grundrauschen. Und viele chatten sich einfach nur ins Nirwana .“Größere Zusammenhänge haben es auch im Internet oft nicht leicht. Man kann eine große Reportage, eine komplexe Analyse, nicht einfach in 150 Textkrümel zerbröseln und versimsen oder vertwittern. Und trotzdem ist das Internet ein demokratisches Wunder. Es ist, als ob ein guter Geist allen Erdenbürgern – fast allen, auch der Zugang zu Computern ist begrenzt – eine Druckmaschine in die Hütte gezaubert hätte. Und dazu, was noch viel wichtiger ist, ein blitzschneIIes weltweites Vertriebssystem. In vielen Ländern entstehen online neue, gute Medien. In Frankreich etwa haben viele gefeuerte Redakteure neue digitale Projekte aufgezogen, Internet- Zeitungen wie Rue89 oder mediapart. Ein paar Bausteine zum Schluss:
1. Die Enteignung Springers gelang nicht. Das war vielleicht ganz gut so. Die Linke hätte sich ohnehin nie auf einen Chefredakteur einigen können. Was bleibt: Die Gesellschaft muss die Medieninhaber viel stärker in die Pflicht nehmen. Sie handeln nicht mit Schrauben oder Schnürsenkeln. Sie haben eine enorme demokratische Verantwortung.
2. Wir brauchen eine öffentlich-rechtliche Renaissance, einen Rundfunk, der tatsächlich von den gesellschaftlich relevanten Gruppen gesteuert wird. Wir müssen dem politischen Erstickungstod von Anstalten wie etwa dem Hessischen Rundfunk entgegentreten. Und die Entleerung der Hauptkanäle verhindern-
3. Wir brauchen ein anderes, freieres, zornigeres, couragierteres journalistisches Selbstverständnis. Zu viele werden gebrochen durch lebenslange Praktika, durch den Druck des Marktes. Zu viele schwimmen mit im Mainstream. Übrigens, nebenbei: Es ist – das Wort hab ich lange nicht mehr benutzt – auch eine Klassenfrage. Wir haben immer besser ausgebildete Journalisten, aber die feinere Mittelschicht ist hier kolossal überrepräsentiert. Und mit ihr eine bestimmte Lebenswirklichkeit, eine bestimmte Wahrnehmung. Auch ein Grund, warum ein Thema wie Mindestlohn es so schwer hat.
4.Wir brauchen Strukturen wie Stiftungen und Vereine, die unabhängigen Journalismus fördern.
5.Wir müssen mehr große Internet–Experimente wagen. Magazine, Foren und Portale aufbauen, die echte Öffentlichkeit schaffen. Und Wege finden, damit sie Erfolg haben und sich tragen.
Warum müssen? Ganz einfach: Ohne Öffentlichkeit gibt es keine Demokratie. Und die gehört uns.
Uns geht’s doch gut
Sicher: Demokratie – die Herrschaft des Volkes – kann nur als Annäherung gelingen, bleibt ein Ideal. Immer bloß bedingt erreichbar. Es wird immer Menschen geben, die nur vor sich hin leben, nur konsumieren, in Ruhe gelassen werden und ein bisschen bespaßt werden wollen – von den Medien. Es wird immer Gruppen geben, die sich nur schwach artikulieren können, die weniger durchsetzungsstark und damit „wert” sind als potente, lautstarke Interessen. Umso wichtiger ist, dass Medien für das Recht auf Teilhabe aller an den Entscheidungen – und am Wohlstand – eintreten. Dass sie gerade jene Menschen mitreden lassen, die solches nicht qua Amt, Macht, Geld ohnehin tun. Dass sie immer wieder fragen:
Wie sind die Chancen verteilt?
Wie sozial, wie frei, wie gerecht ist unsere Gesellschaft?
Wie viel Würde genießt der Einzelne?
Wie viele fallen hinten runter?
Wer hat noch das Wort?
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