Entlastungspaket 2-Top oder Flop?

Das Entlastungspaket 2 ist geschnürt-das ist drin

Während in Polen schon seit Wochen die einheimische Bevölkerung und auch die deutschen Autofahrer in Grenznähe durch eine kräftige Senkung der MW-Steuer auf Benzin und Diesel unbürokratisch deutlich spürbar entlastet werden, tat die Bundesregierung das, was schon die alte Regierung perfektioniert hatte,- das Thema solange, diskutieren bis niemand mehr weiß, worum es eigentlich geht.

Doch vor vier Tagen wurde das Stiefkind schließlich unter Schmerzen geboren. Es heißt Entlastungspaket und wurde schon bei der Taufe beinahe mit dem Bade ausgeschüttet.

Zu den Details:

  1. Arbeitnehmer und Selbstständige erhalten zum Ausgleich der gestiegenen Energiekosten einen Gehaltszusschuss von 300 €. Dieser wird vom Arbeitgeber ausgezahlt und unterliegt der Einkommenssteuer. Familien erhalten zusätzlich 100 € pro Kind. Dieser Betrag wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
  2. Bezieher staatlicher Transferleistungen (Hartz-IV-Empfänger) erhalten 200 €.
  3. Die Treibstoffpreise sollen für einen Zweitraum von drei Monaten per Senkung der MW-Steuer um 30 ct pro Liter bei Benzin und 14 ct. pro Liter bei Diesel gesenkt werden.
  4. Für ebenfalls drei Monate wird ein ÖPNV-Ticket zum Preis von 9 € eingeführt.

Die Bundesregierung ist spürbar stolz auf das Geleistete

 „Das zweite Entlastungspaket wird die breite Mitte spürbar entlasten“ schreibt Christian Linder auf Twitter.

Auch die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, ist zufrieden: “Die Energiepreispauschale wirkt in die Breite und zielgerichtet. Am meisten profitieren die Menschen, die es wirklich brauchen. Und mit dem Zuschlag auf die Grundsicherung werden die unterstützt, die von den steigenden Preisen am härtesten getroffen werden.”

Der Energieentlastungsbetrag- gut gemeint und schlecht gemacht

Da haben die beiden ja den Nagel auf den Kopf getroffen. Das Paket wirkt in die Breite und auch in die Höhe, nicht aber in die Tiefe. Natürlich muss dazu angemerkt werden, dass die Wirkung der Energiepostenpauschale bei einem geschätzten Nettobetrag von ca. 170 € doch sehr begrenzt bleibt und eigentlich nur eine homöopathische Dosis ist. So hält die Verbraucherzentrale Bundesverband einen Betrag von 1000 € für geboten. Ich könnte von diesem Betrag gerade einmal eine Monatsrate Gas bezahlen. Dazu müsste ich die Pauschale aber erst einmal bekommen. Ich bin jedoch Rentner und als solcher nicht förderfähig.

Die soziale Schieflage dieses Zuschusses wird deutlich, wenn man sich klar macht, wer mit der breiten Mitte gemeint ist. Das sind nicht nur die gutverdienenden Facharbeiter bei VW, Daimler, Porsche, Siemens und SAP, sondern auch die Angestellten und Beamten des öffentlichen Dienstes, die leitenden Angestellten der Wirtschaft, die Akademiker, Ärzte und nicht zuletzt auch die Bundestagsabgeordneten mit einem monatlichen Salär von 10.012,89 € (Stand 01.07.2021). Dazu kommen noch Amtsausstattung und Kostenpauschale. Letztere gutverdienende Klientel hat dieses Förderpaket beschlossen. Sie haben die Rentner von der Energiekostenpauschale ausgeschlossen und Steuergelder zur Kostenentlastung insbesondere für jene verwendet, die die Mehrbelastung aufgrund ihrer üppigen Einkünfte gar nicht spüren.

Hätte man die Förderung auf die wirklich Bedürftigen reduziert, wären 1000 € Entlastungsbetrag sicher möglich gewesen ohne den Bundeshaushalt zu überlasten.

Offen bleibt das Prozedere bei den Selbstständigen und den Hartz-IV-Empfängern. Erhalten die Bezieher von Transferleistungen die 200 € Brutto gleich Netto oder sollen Sie eine Steuererklärung machen?

Die Senkung der Treibstoffkosten-ein kleiner Schritt in die richtige Richtung

Natürlich ist die Senkung der Treibstoffkosten eine breiten- und auch tiefenwirksame Entlastung. Sie kommt allen zu Gute und damit auch jenen, die diesen Zuschuss nicht benötigen. Aber wenigstens wird niemand ausgeschlossen. Es wäre sicher auch nicht ohne großen bürokratischen Aufwand möglich, die Senkung der Treibstoffkosten auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu reduzieren. Bedauerlich ist allerdings die zu kurze Dauer dieser Maßnahme. Es ist doch völlig unrealistisch anzunehmen, dass die hohen Treibstoffpreise in einem Vierteljahr wieder auf Vorkrisenniveau gesunken sein werden.

Preiswerter ÖPNV-ein Traum wird wahr

Auch die Einführung eines ÖPNV-Tickets ist eine gute Sache. Dadurch können ja nicht nur Treibstoffkosten gespart werden, sondern auch der private Verkehr reduziert werden. Wer kein Auto fährt, erzeugt keine Abgase und auch keinen Stau. Auch auf einen Parkplatz in den vollen Innenstädten kann er verzichten. Und entspannter ist die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohnehin. Hauptsache, sie verkehren mit der nötigen Taktdichte und sind pünktlich. Bedauerlicherweise kann man auf die Bahn in dieser Hinsicht eher nicht bauen.

Dennoch hat auch diese Maßnahme ihre Kehrseite. Das ist zum einen die zu kurze Dauer der Förderung und zum zweiten das Problem mit den Abonnenten von Monats- und Jahreskarten. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzespaketes können Bezieher von Monatskarten vielleicht noch reagieren. Was aber ist mit den Jahreskartenabonnementen? Eine VBB-Umweltmonatskarte kostet regulär 86 bis 107 € je nach Zone. Die Berlin-Jahreskarte ABC kostet 1123,50 €. Deren Besitzer werden wohl von dem 9 €-Ticket nicht profitieren.

Die Bundesregierung tüftelt noch an diesem Problem. Auch ein Termin für das Inkraftreten der Maßnahmen ist noch offen. Hoffen dürfen wir auf den Juni. Aber sicher ist das nicht.

Währenddessen haben andere Länder wie Polen, Italien, Belgien und Frankreich längst gehandelt.


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