Am Mittwoch, den 10.02.21, hat unser Katastrophenkabinett wieder einmal getagt. Nach einer erwartungsgemäß fruchtlosen Diskussion der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin über die weiteren Aktivitäten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurde dann am Abend verkündet, was die Presse bereits seit zwei Tagen ausführlich diskutiert hat. Der Lockdown wird verlängert, Frisöre dürfen ab 01.03.21 wieder öffnen und über die Kitas und Schulen entscheiden die Länder in eigener Zuständigkeit. Damit ist der in der Praxis bereits bestehende Flickenteppich der Anti-Corona-Maßnahmen nun auch offiziell von der Kanzlerin legitimiert. Aus der Sicht eines Verfassungsrechtlers war das unnötig. Frau Merkel kann sich nun aber entspannt zurücklehnen und im Fall des Falles jegliche Verantwortung zurückweisen. 
Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, auch dieses mal wieder unter Ausschluss des Parlaments gefaßt, war erwartet worden. Dennoch entspricht er in keinster Weise den Wünschen und Hoffnungen der Bevölkerung, der Wirtschaft, des Handels und auch nicht den Erwartungen der Kulturschaffenden sowie der Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen und Lehrer. 
Ein Leser der MOZ hat in der gestrigen Ausgabe seine Kritik und seine Enttäuschung mit klaren Worten in einem Leserbrief zusammengefaßt. Zudem hat er die Fragen gestellt,  die auch mich seit langem bewegen und die sich offensichtlich kein Politiker stellt. Daher habe ich mich entschlossen, Ihnen den Leserbrief im Wortlaut zur Verfügung zu stellen. Er verdient das Prädikat “Wertvoll”.

Ein Offenbarungseid

Nochmal ein Monat Lockdown. Warum, machte die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung deutlich: Man habe das Land nicht früh genug wieder runtergefahren.
Was wie Selbstkritik klingt, ist im Grunde ein Vorwurf: Ihr, liebe Länderfürsten und Bürger, wolltet mir damals ja nicht glauben. Wirklich?
Ein Jahr leidet das Land nun unter der Pandemie. Das Einzige, was Merkel und den Ministerpräsidenten aber nach jedem Treffen einfällt, lautet:”Wir bleiben zu Hause.” Es ist ein Offenbarungseid der Einfallslosigkeit und Überforderung. Noch immer hat niemand eine Antwort geliefert, was den ganzen Sommer über getan wurde, um Todesfälle und Dauer-Lockdown zu vermeiden. Wieso wurden nicht genug Schnelltests produziert und angeschafft? Wo sind die Lüftungsgeräte für die Schulen? Wieso gab es die FFP2″-Masken nicht schon früher und zwar für alle? Mit den nötigen finanziellen Anreizen für die Wirtschaft wäre das möglich gewesen.
Stattdessen offenbart die Krise den schauderhaften Zustand des deutschen Staates. Nicht nur die technische Vernachlässigung der Ämter und Schulen raubt  einem den Atem. Es ist vor allem die Diskrepanz zwischen dem Ernst der Pandemie, den Politiker nicht müde werden zu beschreiben, und ihrem Handeln. Wäre es in der schlimmsten Krise seit dem Krieg nicht angebracht, alles Menschenmögliche zu tun, sie schnellstmöglich zu überwinden? Anscheinend nicht.
Nach wie vor liefern viele Gesundheitsämter keine aktuellen Zahlen vom Wochenende.
Vergossene Milch. Denn dass Covid im Herbst vorbei ist, glaubt kein Spezialist, sagt SPD-Corona-Guru Lauterbach. „Wollen wir Normalität ohne Lockdown, müssen wir jetzt investieren.“ Denn die Impfstoffe müssten aufgrund der Mutationen ständig weiterentwickelt werden. Sein beunruhigendes Urteil: „Impf- logistik, Luftfilter, Schnelltests, Gensequenzierung, Studien. Alles noch schwach bisher.“
Dass genug passieren würde, um dem Desaster zu entgehen, ist aber nicht zu erkennen. „Ich habe die Sorge, dass wir im Herbst den Satz hören:
Warum hat die Politik zum zweiten Mal den Sommer verschlafen?“‚ sagt die Vorsitzende des EU-Ethikrats Woopen. Wieso hat ein angebliches Hochtechnologieland noch immer keine technologische Infrastruktur für die Bewältigung der Krise geschaffen, fragt sie sich- zu Recht.
Der fehlende Wille, die Pandemie mit Mitteln der Moderne, nicht des Mittelalters einzudämmen, sorgt für menschliches Leid.
Nicht nur viele Tote wären mit einem besseren Management vermeidbar gewesen — auch die Verzweiflung vieler Menschen, Familien am Rande des Nervenzusammenbruchs, Selbstständige vor dem Ruin. Aber nicht mal die Finanzhilfen bekommt diese Regierung geregelt. Wenn aus der Pandemie eine Lehre zu ziehen ist, dann, dass es so nicht weitergehen kann.
Das Land muss auf allen Ebenen modernisiert werden. Vor allem aber muss das Prinzip der Mut- und Einfallslosigkeit, dass das Handeln vieler Verantwortlicher bestimmt, endlich überwunden werden.


Ieserbriefe@moz.de

 

 


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