Der Fraktionsvorsitzende der Unionsbundestagsfraktion Ralph Brinkhaus möchte eine Revolution im Beamtenstaat Deutschland anzetteln.
Die vielen und nichtendenwollenden Pannen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie haben ihn erkennen lassen, dass etwas faul ist im Staate Deutschland. Nach 16 Jahren unionsgeführter Regierung und dem Niedergang Deutschland auf fast allen Gebieten kommt diese Erkenntnis reichlich spät. Aber immerhin, sie ist gekommen.

Deutschlands Abstieg

Auf dem Gebiet der Digitalisierung, der pharmakologischen Forschung, dem Mobilfunk, des Automobilbaus, der Grundlagenforschung, der Entwicklung der Wasserstofftechnologie, der Bekämpfung der Korruption, der Umsetzung der Energiewende und auch bei der Senkung des CO₂-Ausstoßes zur Eindämmung des Klimawandels hat Deutschland seine hochgesteckten Ziele nicht erreicht und den Anschluss an die Weltspitze längst verloren. Und diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Manager wie Politik haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die Arroganz deutscher Manager, insbesondere der deutschen Automobilindustrie, ist ebenso beispiellos wie das Beharrungsvermögen der Länderfürsten und der deutschen Beamtenschaft. 

Demokratiedefizite

Auch unsere Volksvertreter haben zum beispielsweise bei den Abstimmungen über die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen sowie über die Neuregelung der Organspende gezeigt, dass sie längst nicht mehr die Interessen des Volkes vertreten. Entlarvt habe sich die Herren Volksvertreter aber besonders bei den Verhandlungen und der Abstimmung über die längst notwendige Wahlrechtsreform, um das ausufernde Wachstum des Parlaments zu verhindern. Nicht die von allen Parteien erkannte Notwendigkeit dieser Änderungen stand im Fokus der Verhandlungen, sondern ausschließlich der Sicherung des Parteienproporzes und damit die eigene Machterhaltung.

Wenn selbst solche für eine funktionierende Demokratie wichtigen Entscheidungen nicht nach sachlichen Gesichtspunkten zwischen den Parteien geregelt werden können, dann haben diese ihre demokratische Legimitation verloren.

Ja, Revolution tut not in deutschen Landen. Und so fordert Herr Brinkhaus in einem ntv-Beitrag vom 21.02.2021 eine grundlegende Reform des deutschen Staatswesens. „Er bezweifle, dass die staatlichen Strukturen noch komplett in die digitale Welt des 21. Jahrhunderts passen“. So äußerte sich Herr Brinkhaus in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“.
„Wir brauchen eine Jahrhundertreform – vielleicht sogar eine Revolution.“

Das sind die Problemfelder des Herrn Brinkhaus

Und da liegt Herr Brinkhaus mit Sicherheit goldrichtig. Auch die zu reformierenden Bereiche benennt er konkret und sicher, auch ohne den Anspruch auf Vollständigkeit und auch ohne eine Reihenfolge für die Umsetzung vorzusehen. Und hier liegt aus meiner Sicht der grundlegende Fehler seiner Überlegungen, denn jeder Bauherr weiß, dass er beim Hausbau nicht mit dem Dach anfangen kann. So wird auch die Brinkhaussche Revolution scheitern, wenn sie nicht ordentlich vorbereitet und basierend auf einem gesunden Fundament umgesetzt wird. Und dies ist unsere Verfassung. Sie regelt die Funktionsweise unseres Staatswesens und sie muss als erstes modernisiert und den neuen Anforderungen angepasst werden.

Fünf Felder hat Herr Brinkhaus genannt, auf denen eine umfassende Modernisierung erforderlich ist:

  1. Verwaltung
  2. Digitalisierung
  3. Bund-Länder-Kooperation
  4. Bildungswesen
  5. Katastrophenschutz

„Es macht keinen Sinn, die Digitalisierung der Schulen 16 Bundesländern und 16 Datenschutzbeauftragten jeweils individuell zu überlassen. Wir brauchen eine Modernisierung unserer kompletten Staatlichkeit.“

Auch hier trifft Herr Brinkhaus in Schwarze. Was aber eine Modernisierung unserer kompletten Staatlichkeit konkret bedeutet, führt er nicht aus. Der Grund liegt nahe. Es gibt einen bislang unüberwindlichen Gegner aller Reformbemühungen und wer diesen Gegner reizt, kann sehr schnell seinen Ruhestand genießen. Nur einmal hat der damalige Innenminister Herr de Maizière diesen Gegner herausgefordert und eine Reform der Polizei gefordert, die letztlich auf eine zentrale Steuerung durch den Bund hinauslief. Nun ist er schon lange aus der ersten Reihe der Politiker verschwunden. Dieser Gegner sind die Länder und sie sind verklausuliert auch unter Punkt 3 der Liste des Herrn Brinkhaus aufgeführt. Die Länderfürsten werden auch weiterhin jede Verfassungsänderung, die auch nur ansatzweise Ihre Macht bedroht, mit allen Mitteln verhindern. Der Föderalismus ist ihr goldenes Kalb und das werden sie verteidigen.

„Es ist in Pandemiezeiten schwierig, dass der Bundesgesundheitsminister kaum Durchgriff auf die lokalen Gesundheitsämter besitzt“, führte er aus. Zugleich betonte er: „Ich will den Föderalismus gar nicht infrage stellen. Trotzdem müssen wir schauen, ob er noch überall effizient ist.“  Ist er nie gewesen!

Der Bezug auf die Corona-Krise ist zwar richtig, greift aber zu kurz. In allen Bereichen unserer Gesellschaft verhindert der Föderalismus jeglichen Fortschritt. Beispielhaft erwähnt Herr Brinkhaus die Notstandsgesetzgebung.

„Das Land ist nicht darauf vorbereitet, auf Krisen schnell, flexibel und einheitlich zu reagieren. Es gibt nahezu keine Notstandsgesetzgebung für zivile Krisen. Es gibt keine schnell aktivierbaren gemeinsamen Bund-Länder-Kommunal-Krisenstäbe.“ 

Fazit

Der Vorstoß von Herrn Brinkhaus ist mutig und geht in die richtige Richtung. Letzten Endes aber ist er keine Revolution, sondern eher ein Reformvorschlag, der dem Übel nicht an die Wurzel geht. Sicher hat Herr Brinkhaus nicht genügend Unterstützer hinter sich, um wirklich revolutionäre Änderungen anzugehen und sicherlich ist er kein politischer Selbstmörder. 
Aber er hat eine Vision und er hatte den Mut, diese öffentlich zu machen. Dafür gebührt ihm Respekt und Anerkennung. Bleibt zu hoffen, dass sich weitere Mutige finden, die den vorgezeigten Weg zu Ende gehen wollen.


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Bildungsreform, Föderalismus, Jahrhundertreform, konsequente Digitalisierung, Neuregelung Bund-Länder-Kooperation, Reform des deutschen Staatswesens, Verwaltungsreform
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