Die Europawahl-Das Debakel der Volksparteien

Nichts gelernt aus der Wählerklatsche-die Politprofis machen weiter als wäre nichts gewesen

Als hätte es die schallende Ohrfeige für die Volksparteien CDU/CSU und SPD nie gegeben, die Mächtigen in den Parteiapparaten und der Regierung demonstrieren ganz ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Wählerwillen. Während CDU/CSU und SPD sich in innerparteilichen Machtkämpfen und Nachfolgedebatten auch das letzte Quäntchen Vernunft aus den maroden Knochen saugen, fallen in der deutschen Regierung und in der EU Entscheidungen, die die Reformunfähigkeit beider Institutionen mit seltener Klarheit zeigen.

Verweigerungshaltung der Groko in der Klimafrage

Ungeachtet der Proteste der Jugend gegen die Untätigkeit der Regierungen in Sachen Schutz des Klimas und der Erfolge der Grünen bei der letzten Europawahl, verschiebt die Bundesregierung die Diskussion über den Klimaschutz in den Herbst. Die grundsätzliche, existenzielle Bedeutung des Themas wurde offensichtlich nicht verstanden, der Wille der Bevölkerung ignoriert.

Nationale Interessen verhindern Entscheidung zur CO2-Reduktion in der EU

Die EU kann sich nicht auf das Ziel, bis 2050 Klimaneutralität in ganz Europa zu erreichen, einigen. Wie schon während der Flüchtlingskrise leben Länder wie Polen, Tschechien, Ungarn und Estland Ihre nationalen Egoismen aus. Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahmen – Fehlanzeige. 

EU durch Einstimmigkeitsprinzip auch weiterhin entscheidungsunfähig

Fördermittel der EU werden so oft wie möglich in Anspruch genommen. Die gemeinsam beschlossenen Aufgaben erfüllt man aber nicht. Hier rächt sich die übereilte Aufnahme vieler neuer Staaten in die EU ohne jede Notwendigkeit,- die Osterweiterung erweist sich als Fehlschlag. Ohnehin ist die Schlagfähigkeit der EU durch die Festlegung auf das Einstimmigkeitsprinzip stark eingeschränkt. Dem wäre erst durch die Einführung von Mehrheitsbeschlüssen abzuhelfen. Doch auch hier das gleiche Szenario wie in der Großen Koalition,- statt Beschlüsse zu fassen streitet man sich um die Besetzung der Spitzenposten in der EU.

Das Desaster mit der PKW-Maut

Seit Jahren versuchen die Verkehrsminister der CSU, eine PKW-Maut durchzusetzen, obwohl die zu erwartenden Einnahmen eher gering, der zu erwartende Ärger mit den Nachbarländern Österreich und Schweiz aber sehr groß ist. Zudem schätzen Experten die Maut als nicht EU-konform ein. Dennoch haben die Herren Dobrindt und Scheurer bis heute 128 Millionen Euro an Steuergeldern in dieses unsinnige Projekt gesteckt. Herr Scheurer hat sogar bereits Verträge mit den Betreiberfirmen angeschlossen und Umsätze in Höhe von zwei Milliarden € in Aussicht gestellt und das bereits vor der Entscheidung der EU. Selbstredend enthalten die Verträge eine Entschädigungsklausel falls das Projekt scheitert. Und genau das ist jetzt eingetreten.

Am 18.06.2019 hat der EuGH entschieden, dass die Maut gegen EU-Recht verstößt, weil sie ausländische Autofahrer diskriminiert. Selbstredend wird Herr Scheurer für diese Fehlleistung nicht von der Bundeskanzlerin zur Rechenschaft gezogen. Es muss schließlich Friede in der Koalition herrschen. Alles wie gehabt.

PS: Die betroffenen Firmen haben bereits 300 Millionen € Entschädigung geltend gemacht.

Wirtschaftsminister Altmaier doktert weiter erfolglos an der Energiewende herum

Unser aller Energiewende- und Sparminister Peter Altmaier hat zum großen Energiesparrundumschlag ausgeholt und sichergestellt, dass Bauherren im neuen Gebäudeenergiegesetz Mehraufwand für den Klimaschutz erspart bleibt. Es wird keine neuen Standards für die Isolierung und Beheizung von Neubauten geben. Auch für bestehende Wohn- und Gewerbeimmobilien sind keine verpflichtenden Energiesparmaßnahmen vorgesehen. Auch eine Kontrolle der im Energieausweis angegebenen Werte wie zum Beispiel in Schweden üblich, ist nicht vorgesehen.

Weshalb eigentlich dieses Gesetz?

Föderalismus verhindert Umsetzung von EU-Vorgaben

Gemäß einer Europäischen Richtlinie haben Beschuldigte das Recht, von Anfang an einen Pflichtverteidiger in Anspruch zu nehmen. Diese Richtlinie wurde nicht in deutsches Recht umgesetzt, weil die Bundesländer sich gegen die kostspieligen EU-Vorgaben gewehrt haben.

Wie kann es sein, dass die Länderfürsten die Umsetzung von EU-Recht verhindern können und damit hohe Strafzahlungen provozieren können, die dann vom Steuerzahler getragen werden müssen. So sollte Föderalismus nicht funktionieren. Konsequenzen? Keine.

Waffembargo gegen Saudi-Arabien ist nur ein Papiertiger

Als Konsequenz aus dem Fall der Ermordung des saudischen Journalisten Khashoggi und der Beteiligung Saudi-Arabien am Jemenkrieg hat der Bundestag ein Waffen-Exportverbot gegen Saudi-Arabien und alle am Konflikt beteiligten Parteien verhängt. Allerdings weigert sich die Regierung bisher, die beteiligten Staaten zu nennen. Und natürlich müssen Altverträge erfüllt werden. Auch ausländische Tochterfirmen der Rüstungskonzerne sind vom Embargo nicht betroffen. So sieht glaubwürdige Politik heute in Deutschland aus.

Was sind die Ursachen der Veränderung im Wählerverhalten ?

Die Reihe der Fehl- oder Nichtentscheidungen unsere Regierung ließe sich beliebig fortsetzen ( ungeklärte Probleme in der Rentenpolitik, Fachkräftemangel allgemein und besonders in der Pflegebranche, Finanzierungsprobleme in der Pflege, hohe Energiepreise, Misswirtschaft in der Bundeswehr, Chaos bei der DB, keine Fortschritte bei der Digitalisierung, immer noch keine Klärung der Endlagerfrage von radioaktiven Abfällen).

Nach dem rasanten Aufstieg der Grünen erklärten die führenden Politiker der Volksparteien die Klimapolitik zum Brennpunkt Ihrer Politik. Auch wenn sich daraus keinerlei praktische Konsequenzen ergeben haben und man längst zum Tagesgeschäft übergegangen ist, zeigt diese Reaktion doch, wie wenig die Politiker der CDU/CSU und SPD verstanden haben.

Natürlich wird die Klimapolitik von den Bürgern als lebenswichtig erachtet. Doch der Grund für die Abwanderung der Wähler zu den Grünen liegt tiefer. Ursächlich dafür ist die grundsätzliche Entfremdung der Politiker von Ihrem Volk. Sie haben den Kontakt zu den Menschen verloren, sie kennen ihre Probleme und alltäglichen Sorgen nicht mehr. Bei einem Einkommen von 13.000 € jeden Monat, ist es schwer, sich in die Welt eines Hartz IV-Beziehers zu versetzen. CDU/CSU und die SPD machen seit Jahren eine Politik zugunsten der Wirtschaft und der Vermögenden. Nach und nach haben sie die soziale Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben. Ein bedeutender Teil der Bevölkerung hat keinen Anteil mehr am wirtschaftlichen Erfolg unserer Volkswirtschaft. Die misslungene Energiewende hat zu großen Belastungen für die Bevölkerung geführt. Für die von skrupellosen Managern herbeigeführte Finanzkrise wurden die Bürger zur Kasse gebeten. Die Null-Zins-Politik der EU enteignet schleichend den Normalbürger und lässt seine Ersparnisse schrumpfen. Hunderttausende PKW-Fahrer wurden von VW jahrelang betrogen. Während keiner der führenden Manager der Autobranche zur Rechenschaft gezogen wurden, wird den betrogenen VW-Kunden auch dank aktiver Unterstützung durch die Regierung die längst fällige Entschädigung verweigert und die Kunden in langwierige Prozesse gegen die Armada von VW-Anwälten gezwungen. Über lange Jahre hat die Regierung den sozialen Wohnungsbau vernachlässigt und vorhandene Bestände in den freien Markt entlassen. Da keine wirksamen Maßnahmen gegen Mietwucher und den Modernisierungswahn getroffen wurden, kennen die Mietsteigerungen keine Grenze und werden viele Menschen aus Ihrem gewohnten Umfeld verdrängt. Die Wohnungsnot ist so groß, dass bereits die Enteignung der großen Wohnungskonzerne gefordert wurde. Auch auf diesem Gebiet hat die Regierung versagt.

All dies macht den Bürgern zu schaffen. Die Schuld für diese Entwicklung weisen die Bürger zu einem großen Teil den großen Volksparteien zu. Sie sind die politischen Ränkespiele leid. Sie wollen keine hohlen Phrasen mehr hören. Sie wollen eindeutige konkrete Antworten auf die aktuellen Fragen. Sie wollen keine Versprechungen mehr, die nach der Wahl sofort vergessen werden. „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ sagte einst Konrad Adenauer. Der oft nicht zitierte zweite Teil des Zitats lautet:“ Es kann mich niemand daranhindern klüger zu werden.“

Ja, sein Geschwätz von gestern möchte kein Politiker mehr hören. Auch die Bundeskanzlerin ist davon nicht ausgeschlossen (falsche Aussage zur Haltung gegenüber dem Irankrieg). Es hindert aber niemand die Politiker daran, klüger zu werden. In der Praxis kommt das allerdings nicht vor. Sie haben nichts aus Ihren Fehlern gelernt. Einzig der Machterhalt und ihre persönlichen Interessen bestimmen ihr Handeln. Das hat der Wähler erkannt und das will er nicht mehr. 16 Jahre Stillstand bei Kohl und anschließend 16 Jahre weiter so unter Frau Merkel, das übersteht auch eine starke Industrienation wie Deutschland nicht ohne Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Probleme Deutschlands sind groß. Die Bürger wollen Lösungen für alle und keine Klientelpolitik. Die Regierung soll für Deutschlands Zukunft arbeiten und nicht für die Profite der Konzerne.

Die Politiker sollen sagen, was sie meinen und umsetzen, was sie als richtig erkannt haben. Wenn sie dabei erfolgreiche Konzepte unsere Nachbarn übernehmen, auch gut. Hauptsache, die Probleme werden gelöst und wir müssen nicht länger zusehen, wie immer mehr Länder in Sachen Wirtschaftlichkeit, Bildung, wissenschaftlichem Fortschritt, Modernisierung der Energieversorgung, Lösung der Verkehrsprobleme, Digitalisierung und Bekämpfung des Klimawandels an uns vorbeiziehen und Deutschland in die zweite Reihe der Industrienationen absteigt.

Die Grünen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Der Kern ihrer Politik ist heute in den Fokus der Menschen gerückt und wird als das dringendste Problem der Menschheit erkannt. Im Gegensatz zu den Politikern der Koalition haben die Grünen kein Problem damit auch unangenehme Wahrheiten zu verkünden und den Bürgern zu sagen, dass eine heile Umwelt auch Verzicht und zusätzliche Kosten bedeuten kann. Das verschafft Ihnen den Vertrauensvorschuss, den CDU/CSU und die SPD längst verspielt haben.

Im Herbst ist in Brandenburg die Landtagswahl angesetzt. Dort wird die Regierung Woidke die Quittung für Ihre unverdrossene Unterstützung der Braunkohleindustrie bekommen. Wer meint, die Brandenburger Regierung engagiere sich vor allem für die Lausitzer Kumpel, der lese diesen Artikel.


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