Energiekrise belastet die Ampelkoalition

Lindner versus Habeck

Bundeswirtschaftsminister Habeck ist neben Außenministerin Baerbock (beide Die Grünen) der derzeit beliebteste Politiker Deutschlands. Nicht nur beim Wahlvolk, sondern auch bei der Wirtschaft genießt Habeck aufgrund seiner pragmatischen Amtsführung hohes Ansehen. Nicht wenige sehen in ihm den künftigen Kanzler. Doch zu den Qualitäten eines Kanzlers zählt neben Entscheidungsfreude auch Führungsstärke und Durchsetzungsvermögen.

Auch über diese Qualitäten verfügt unser Wirtschaftsminister. Gegenüber dem Koalitionspartner FDP und insbesondere gegenüber deren Finanzminister Lindner hat sich Robert Habeck mit wichtigen Vorhaben wie der Limitierung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, der Verlängerung des 9-Euro-Tickets und auch der Einführung einer Übergewinnsteuer nicht durchsetzen können. Auch eine Vermögens- oder auch Reichensteuer lehnt Lindner selbstverständlich ab, obwohl viele Reiche unseres Landes diese in mehrseitigen Anzeigen bereits mehrfach gefordert haben. Lindners Argumente halten keiner ernsthaften Überprüfung stand. Er ist der Mann der Vermögenden und so handelt er. Diese Politik muss angesichts der Probleme Deutschlands, insbesondere der drohenden sozialen Spaltung, zu Konflikten in der Ampelkoalition führen.

Der Wirtschaftsminister in der Kritik

In Bayreuth hat sich Vizekanzler Habeck den Bürgern gestellt und musste sich Pfiffe und Buh-Rufe gefallen lassen. Noch war es nur eine Minderheit. Doch das kann sich ändern. Habeck hat auch in Bayreuth angekündigt, dass der Gasimporteur Uniper seine Zusatzkosten wegen teurer Ersatzbeschaffungen über eine Umlage an alle Gaskunden weitergeben dürfe. Dabei spielt es keine Rolle, bei welchem Anbieter man welchen Vertrag hat. Damit führt sich das bisherige System mit Hunderten selbstständigen Gashändlern ad absurdum. Zum einen kann kaum ein Anbieter derzeit bezahlbare Tarife anbieten. Zum anderen sind alle von der Umlage betroffen. Diese Umlage kann bis zu tausend Euro pro Haushalt betragen.

Die Übergewinnsteuer

Die Umlage der Mehrkosten der Gasbeschaffung auf die Gaskunden birgt erheblichen sozialen Sprengstoff. Letztlich werden Geschäftsrisiken vergesellschaftet und Gewinne privatisiert; der Kunde kommt zwar für das Risiko des Energiekonzern Uniper auf, Aktienanteile erhält er dafür aber nicht. Warum eigentlich nicht?

Dabei existiert mit der Übergewinnsteuer ein einfach umzusetzendes und bereits international bewährtes Werkzeug, das mit den abgeschöpften Gewinnen der Energiekonzernen (und anderer Profiteure) die Bürger entlastet. So geschieht es in Italien (seit März 2022), Frankreich (seit 1916), Großbritannien (seit 1915) und den USA (seit 1917). Großbritannien hat am 26. Mai 2022 eine Zusatzsteuer von 25 Prozent für in Großbritannien tätige Öl- und Gaskonzerne angekündigt. In Ungarn wird seit dem 9. Juli 2021 Gewinnüberschusssteuer von einigen Baustoffherstellern erhoben.

Und Deutschland?

Das Bundesland Bremen hat im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine am 10. Juni 2022 einen Entschließungsantrag für die Einführung einer Übergewinnsteuer in den Deutschen Bundesrat eingebracht.[5] Im Bundesrat fand der Antrag von Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zur Einführung einer Übergewinnsteuer am 8. Juli 2022 keine Mehrheit.

Sprengstoff nicht nur für die Ampel 

Während SPD und auch die Grünen weiterhin für die Übergewinnsteuer plädieren, lehnt die FDP dieser Vorhaben nach wie vor ab.

Solch eine Steuer würde staatlicher Willkür „Tür und Tor“ öffnen, heißt es.

Das ist schon ein merkwürdiges Verständnis vom Staat. Denn es ist ja der Staat, der die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen soll,- auch nach Verständnis der FDP.

Da muss der Staat dann schon mal als Gesetzgeber gemäß seiner verfassungsmäßigen Rolle regulierend in der Wirtschaft tätig werden. Bei einem Verfassungsorgan in Ausübung seiner Aufgaben von Willkür zu reden, ist schon starker Tobak und fordert Widerspruch heraus.

Hier sind natürlich die Führungskräfte der SPD und auch der Grünen gefordert, den kleinen Koalitionspartner in seine Schranken zu verweisen. Vielleicht sollte man die FDP daran erinnern, dass eine Koalition einen Sinn machen muss und der Schwanz nicht ständig mit dem Hund wedeln kann. Hier muss die Führung der Koalition und auch Herr Habeck zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind.

Denn wehe, wenn das Volk aus seinem Schlaf erwacht und seine Rechte auf der Straße einfordert. Dann sind auch grüne Kanzlerträume schnell ausgeträumt.

Zum Nachdenken nachstehend einige aktuelle Meldungen aus der Öl- und Gasbranche.

Gerade hat N-TV gemeldet, dass die BP ihren Quartalsgewinn auf 9 Milliarden Euro gesteigert hat. Profitiert hat BP vor allem durch die rasant gestiegenen Energiepreise. Genutzt hat BP die gestiegenen Gewinne für eine Erhöhung der Dividende und Aktienrückkäufe.

Das starke Ergebnis von BP reihte sich ein in das Zahlenwerk der Konkurrenz wie ExxonMobil, Total und Chevron ein. Sie alle verdienten prächtig an den hohen Gas- und Ölpreisen, die nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine kräftig anzogen.

Die US-Öl-Giganten Exxon Mobile und Chevron melden für das Frühjahr beispiellose Gewinne. Grund sind die stark gestiegenen Preise für Erdgas und Öl.

So verdiente Exxon Mobile im zweiten Quartal fast 18 Milliarden Dollar. Das entspricht beinahe einer Vervierfachung auf Jahressicht und ist der höchste Periodengewinn in der Unternehmensgeschichte.

Beim Konkurrenten Chevron blieben zwischen März und Ende Juni letztlich 11,6 Milliarden Dollar hängen. Vor einem Jahr waren es rund 3,1 Milliarden gewesen. Der Umsatz wuchs um mehr als 80 Prozent auf 68,8 Milliarden Dollar.

Der französische Konzern Total verdiente im zweiten Quartal dank gestiegener Preise und seines Raffineriegeschäftes mehr. Der Gewinn stieg trotz einer Abschreibung auf einen Anteil an einem russischen Gasproduzenten um 158 Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar. Vor einem Jahr waren es 2,2 Milliarden. Bereinigt um Sondereffekte kletterte das Ergebnis auf den Rekordwert von 9,8 Milliarden Dollar.

Shell fuhr einen bereinigten Gewinn von 11,5 Milliarden Dollar ein. Das ist mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 18 Milliarden Dollar und verfünffachte damit den Vorjahreswert.


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