Telekommunikation in der EU-eine Schlüsselbranche in der Krise

Die strukturellen Probleme der EU

Die Telekommunikationsbranche in der EU befindet sich in der Krise. Monetarisierung und Investvolumen der europäischen Telekommunikationsfirmen bleiben weit hinter den nordamerikanischen Konzernen zurück. Obwohl diese Branche die Schlüsselindustrie für die Digitalisierung ist, bleibt der notwendige Umbruch aufgrund der tiefgehenden politischen Probleme und des wirtschaftlichen Egoismus der Nationalstaaten der Europäischen Union aus.

Was will Europäische Union sein?

Einige Jahrzehnte gibt es sie nun schon, die Europäische Union. Einst ein kleiner elitärer Club der führenden westlichen Industrienationen ist die EU mit den Jahren stetig gewachsen. Insbesondere das Endes kalten Krieges mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten, der Auflösung des Warschauer Paktes und der Wiedervereinigung Deutschlands hat das Bündnis auf 27 von insgesamt 47 europäischen Staaten anwachsen lassen. Auch die Republik Zypern und einige Überseegebiete gehören dazu. Nicht nur ein einheitliches Wirtschaftsgebiet wollte die EU sein, auch eine abgestimmte europäische Außenpolitik sollte etabliert werden. Auch in Fragen der Verteidigung sollte mit einer Stimme gesprochen werden.

Woran droht die Europäische Union zu scheitern?

All diese hehren Ziele sind auf dem Altar nationaler Interessen geopfert worden. Eine europäische Union nach Vorbild der Vereinigten Staaten von Europa ist gescheitert an der eifersüchtigen Verteidigung kleinlicher nationaler Befindlichkeiten. Insbesondere Großbritannien hat die Forderung nach Ausnahmen von europäischen Regelungen und Gesetzen bis zum Exzess getrieben und ihren nationalen Eigensinn mit dem Brexit gekrönt.

In viel zu kurzer Zeit hat die EU viel zu viele neue Mitglieder insbesondere aus dem Kreis der wirtschaftlichen schwachen osteuropäischen Staaten aufgenommen und dabei so manches Aufnahmekriterium sehr großzügig ausgelegt. Die sehr unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung der Mitglieder und die verschiedenen politischen Kulturen führten zu permanenten Problemen. Hochbezahlte Beamte der EU führen endlose Diskussionen im EU-Parlament über anstehende Gesetze und Verordnungen, bei anstehenden Entscheidungen jedoch verfolgt jede Nation ihre Interessen. Das Einstimmigkeitsprinzip verhindert nicht nur eine schnelle unbürokratische parlamentarische Arbeit, es blockiert die Entwicklung der EU von einem losen Bündnis europäischer Nationalstaaten zu einer echten europäischen Union.
Nicht einmal der Ausschluss von Polen und Ungarn wegen des ständigen Verstoßes gegen die demokratischen Grundprinzipien der EU ist möglich. 

Die wirtschaftlichen Folgen der EU-Zwistigkeiten

Die wirtschaftlichen Folgen dieses nationalen Kleinkleins lassen sich eindeutig quantifizieren.

Beispiel Telekommunikation

Gegenwärtig wird in Deutschland das 5G-Netz, das schnellste Netz für mobile Datenübertragungen, aufgebaut. 

62% der europäischen Bevölkerung haben theoretisch Zugriff auf diesen Standard.

93 % der US-Bevölkerung können 5G nutzen, in Südkorea sind es 94 %. Auch in Japan nutzen bereits 81% der Bevölkerung diese Technik.

Damit ist Europa weltweit das Schlusslicht bei dieser für eine erfolgreiche Digitalisierung so wichtigen Technik.

Während die europäischen Telekommunikationsfirmen 2018 95 € pro Kopf investierten, sind es in den USA 210 € pro Kopf. Dadurch wird sich der technologische Rückstand Europas weiter vergrößern. Die nationalen Eifersüchteleien innerhalb der EU führten dazu, das Europas Einwohner (447 Millionen) von 100 Mobilfunkanbietern versorgt werden. 

In Amerika werden 330 Millionen Einwohner von drei nationalen Mobilfunkbetreibern versorgt. In Europa wird das Geld der Mobilfunkkunden für unzählige Konzernleitungen und Verwaltungsorgane ausgegeben statt für Zukunftsinvestitionen. Das haben auch die internationalen Investoren erkannt. Während die Marktkapitalisierung der europäischen Telekomfirmen zwischen 2010 und 2020 um 57 % sank, nahm die der amerikanischen Firmen um 213 % zu. Die Folge sind fehlende Mittel für den notwendigen Netzausbau mit verheerenden Folgen für die gesamte Volkswirtschaft Europas.

Tim Höttges, erfolgreicher Chef der Deutschen Telekom, stellt am 07.02.2022 fest:

„Wir sind zu viele in einem kleinen Markt“  und „Es gibt keinen digitalen Binnenmarkt“

Quelle: Steingarts Morni ng Briefing

Selbst die traditionell sehr gute Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich funktioniert auf dem Sektor der Telekommunikation nicht.

Dazu noch einmal Tim Höttges:

„Ich möchte heute mein Netz mit Frankreich zusammenstellen, aber die französische Regierung will das nicht. Meine Kunden fallen an der Grenze raus.“

Der Chef der Deutschen Telekom hält eine massive Konsolidierung in Europa für dringend geboten, damit große Anbieter entstehen, mit denen man überall in Europa telefonieren kann. Natürlich soll die Telekom dabei eine Spitzenposition einnehmen. Ob das dem CEO der France Telecom gefällt, darf getrost bezweifelt werden. Aber vielleicht wachsen ja die Spitzenmanager Europas und die europäischen Regierungschefs auch mal über sich hinaus. Der Erfolg wird es Ihnen danken.



Entdecke mehr von Meine ungefragte Meinung

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Brexit, EU, Europäische Union, Investitionsstau, stockender Netzausbau, Telekommunikationsbranche, Zersplitterung der Telekommunikation in Europa
Vorheriger Beitrag
Die Regierung beschenkt sich selbst
Nächster Beitrag
Deutschlands Achillesferse-die Digitalisierung

Du glühst vor Begeisterung oder schäumst vor Wut,-hier kannst Du es rauslassen.